
Vorrang für den Kinderschutz und Respekt für die Opfer gehören zusammen
Zwischenbericht aus Rom, von Matthias Katsch
In den Tagen vor dem Konklave sind verschiedene Betroffenengruppen von Opfern sexueller Gewalt, in Rom, um auf die Forderungen aufmerksam zu machen. Das 2018 von Eckiger Tisch mitgegründete Netzwerk von Initiativen und Aktivist*innen Ending Clergy Abuse (ECA) hat mit Pressegesprächen und Aktionen wie einem Thesenanschlag an der Glaubensbehörde auf ihre Forderungen aufmerksam gemacht, ebenso wie die älteste Betroffenenorganisation aus den USA, das Survivors Network of those Abused by Priest, SNAP. Die Vertreterinnen von bischopsaccountability haben insbesondere auf den zweifelhaften Umgang von Kardinälen mit Fällen von sexuellem Missbrauch hingewiesen, die als Frontrunner für das Konklave genannt wurden.



Der zentrale Punkt dabei ist: Der Vorrang für den Kinderschutz und Respekt für die Opfer gehören zusammen. Beides muss im nächsten Pontifikat endlich Priorität haben.
Neben den Reformen, die ja auf die Prävention also die Zukunft abzielen, erwarten Betroffene vom neuen Papst, dass er den Opfern und Überlebenden sexuellen Missbrauchs durch Kleriker seiner Kirche, zuhört und sie einbezieht. Dies könnte etwa durch die Bildung eines global besetzten Beratungsgremiums nach dem Vorbild der Betroffenenbeiräten in Deutschland geschehen. Für eine individuelle wie auch für die institutionelle Aufarbeitung muss die Frage des Aktenzugangs für die Aufklärung von Fällen ebenso gelöst werden, wie die Entschädigungsfrage.

In zahlreichen Gesprächen mit Pressevertretern, Briefe an Teilnehmer des Konklaves und Aktionen haben wir versucht, diese Überlegungen zu transportieren, in der Hoffnung, die Kardinäle zu erreichen.
Immerhin spielte die Missbrauchskrise bei den Beratungen im Vorfeld des Konklaves wohl mehrfach eine Rolle. Zugleich haben die Kardinäle aber auch gemischte Signale gesendet, indem sie zugelassen haben, dass ein wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs an einem Minderjährigen von Papst Franziskus aus dem Kollegium verbannter Kardinal, der ehemalige Erzbischof von Lima Juan Luis Cipriani, sich ungeniert in vollem Kardinalsornat bei der Beerdigung und en anschließenden Versammlungen präsentieren konnte.
Deshalb sind die Erwartungen hier auch gemischt. Wichtig wäre, dass ein neuer Papst endlich von den Ankündigungen zum Handeln kommt. Keine weiteren Entschuldigungen mehr, sondern klare Regeln und Verfahren festlegt, das Kirchrecht reformiert. Doch es schwer ist abzusehen, ob die Einsicht stark genug ist, dass es bei der Missbrauchskrise nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt, sondern ein zentrales Thema für die nächsten Jahre bleiben wird – solange wie der Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und vulnerablen Personen durch Kleriker nicht aufhört und solange die Opfer auf Gerechtigkeit warten.



