Ein neuer Papst – die gleiche Herausforderung

Kommentar von Matthias Katsch

Mit der überraschenden Wahl von Kardinal Prevost hat sich die Herausforderung nicht geändert, die Kirche weltweit zu einem sicheren Ort für Kinder und Jugendliche zu machen. Aber er bringt gute Voraussetzungen mit. Er hat sich in seiner zweiten Heimat Peru für die Opfer von Gewalt und Missbrauch durch eine katholische Sekte eingesetzt. Das Verbotsdekret wurde von Franziskus genau eine Woche vor seinem Tod unterzeichnet.  Prevost hat sich dafür stark gemacht. Die Opfer sagen von ihm: Er hat sich in unsere Schuhe gestellt und Betroffene in den Mittelpunkt gestellt.

Aber die Herausforderungen auf diesem Feld sind groß. Die notwendigen strukturellen Veränderungen reichen von einer Reform des Kirchenrechts, über die Einführung von klaren Verfahren und transparenten Prozessen, wenn es um den Umgang mit Verdachtsfällen geht, hin zu einer veränderten Haltung der katholischen Kirche zur menschlichen Sexualität.

Die Lernkurve muss steil sein. Denn es ist schon sehr viel Zeit verschwendet worden. Drei Päpste sind nun schon mit der Missbrauchskrise befasst gewesen, die sich zu einer globalen Krise der Glaubwürdigkeit für die Kirche entwickelt hat. Und wir warten immer noch auf durchgreifende Konsequenzen. Der Prozess der Aufklärung und Aufarbeitung von Gründen und Ursachen hat auf Nivel der Weltkirche, im Vatikan und der Kurie noch gar nicht begonnen. Die religiösen Ordensgemeinschaften werden immer noch nicht überwacht und zur Aufklärung gedrängt. Die Archive im Vatikan sind immer noch nicht zugänglich. Die Zusammenarbeit mit weltlichen Behörden und Untersuchungsgremien ist mangelhaft. Unterstützung für Betroffene und ihre Organisationen sucht man bislang vergeblich, die Frage der Entschädigung bleibt bislang den nationalen Rechtsordnungen überlassen. Eine Antwort der Kirche insgesamt für alle Betroffenen steht noch aus.

Die Betroffenen, die seit Jahren buchstäblich vor den Toren der Kirche stehen und ihre Anliegen formulieren, müssen endlich Gehör finden. Die Kirche unter Papst Leo wird lernen müssen, den Opfern, ihren Opfern zuzuhören, statt über sie hinweg zu predigen.

Aber wir fangen nicht bei Null an. Langsam ist der Weg der Veränderungen in den letzten Jahren beschritten worden. Es gibt viel guten Willen und erfolgversprechende Ansätze. Jetzt braucht es ein entschlossenes Handeln von der Spitze her. Papst Leo eilt der Ruf voraus, dass er die Opfer in den Mittelpunkt gestellt, ja sich in ihre Schuhe gestellt hat.

Sicher ist: die weltweite Bewegung von Betroffenen der katholischen Kirche, die in den letzten Jahren entstanden ist, wird weiter wachsam sein und sich zu Wort melden. Aber wir hoffen, dass mit diesem Papst ein Austausch in Gang kommt – auch auf Ebene der Weltkirche.