Strafanzeige gegen Kardinal Woelki wegen des Verdachts auf versuchten Prozessbetrug
Gemeinsam mit drei Anwälten hat Matthias Katsch, Sprecher und Geschäftsführer von Eckiger Tisch, am 26. Juni 2025 gegen die Anwälte von Kardinal Rainer Maria Woelki gestellt – wegen des Verdachts auf versuchten Prozessbetrug. Der zentrale Vorwurf: entscheidende Dokumente aus Kirchenakten sollen im Schmerzensgeldprozess der Missbrauchsbetroffenen Melanie F. gezielt zurückgehalten haben.
Die Anzeige stützt sich auf den Fall von Melanie F., die in den 1980er-Jahren als Jugendliche von ihrem Pflegevater, einem katholischen Priester, über Jahre schwer sexuell missbraucht wurde. Der Täter, Bernd Ue., wurde 2022 in einem anderen Verfahren zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Für Melanie F. ist der strafrechtliche Weg aufgrund der Verjährung versperrt – sie klagt daher auf zivilrechtlichem Wege gegen das Erzbistum Köln auf mehr als 800.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz für den jahrelangen, schweren Missbrauch.
Das Erzbistum bestreitet den Missbrauch nicht, verweigert aber die Verantwortung mit dem Argument, die Taten seien „im privaten Umfeld“ geschehen und nicht im Dienst des Priesters. In unserer ausführlichen Stellungnahme zu dem Schmerzensgeldprozess gegen das Erzbistum Köln (04.07.2024) nehmen wir zu dieser Argumentation Stellung. Diese können Sie hier lesen.
Zurückgehaltene Dokumente
Neue Unterlagen aus den 1980er-Jahren belegen, dass das Erzbistum sehr wohl wusste, dass der Täter als Priester in einem kirchlichen Zusammenhang handelte – und dass klare Bedingungen für die Aufnahme der Kinder in seinen Haushalt bestanden. Eine dieser Bedingungen war laut einem Schreiben von Kardinal Höffner aus dem Jahr 1980 die Einstellung einer Haushälterin. Diese wurde jedoch nie eingestellt. Dennoch durfte der Priester die Kinder aufnehmen – ein schwerer Verstoß gegen die eigene Sorgfaltspflicht.
In ihrer ersten Klageerwiderung jedoch behaupteten Woelkis Anwälte lediglich, es sei „angedacht“ gewesen, eine Haushälterin einzustellen – ein entscheidender Unterschied. Die Anzeigenerstatter werfen der Kirche daher vor, eine zentrale Information verharmlost oder bewusst verzerrt dargestellt zu haben, obwohl sie durch ihre eigenen Akten besser informiert war.
Matthias Katsch, Sprecher von Eckiger Tisch, der die Anzeige mitinitiiert hat, betont im WDR-Interview: „Der Strafanzeige kommt die wichtige Aufgabe zu, zu prüfen, ob es mit rechten Dingen zugeht, dass die Kirche am längeren Hebel sitzen bleibt, weil sie entscheidet, welche Informationen aus ihren eigenen Akten sie in so einen Zivilprozess einbringt.“
Am 1. Juli 2025 wird das Verfahren fortgesetzt. Die neuen Erkenntnisse könnten entscheidend sein für die Frage, ob das Erzbistum als Institution für das Verhalten des Priesters haften muss.
Weitere Berichterstattung:
WDR aktuell (24.06.2025): Eckiger Tisch erstattet Anzeige gegen Kardinal Woelki
ARD Mittagsmagazin (27.06.2025): Prozess um Missbrauchs-Fall im Erzbistum Köln beginnt