Ödipus Exzellenz: Der Protest gegen die Theaterstück-Absage hält an

Foto: „Theater Osnabrück Front“ von Jürgen „Striewa“ Striewski via Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

Nachdem Ödipus Exzellenz, ein Theaterstück über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche, von Ulrich Mokrusch, dem Intendanten des Theaters Osnabrück, im Juli dieses Jahres abgesagt wurde, bleibt Kritik und Protest an der Entscheidung bestehen. Am 21. August hatte die Giordano-Bruno-Stiftung gemeinsam mit dem Ensemble des abgesagten Stücks eine Demonstration mit Podiumsdiskussion veranstaltet, an der rund 200 Protestierende teilnahmen.

Trotzdem blieb der Intendant bei seiner Entscheidung. Karl Haucke, selbst Betroffener und Teil der Leitung des Stücks, bestätigt in einem Gespräch mit dem Humanistischen Pressedienst (hpd), dass dem Regisseur, der Dramaturgin und den Musiker*innen von Ödipus Exzellenz gekündigt wurden.

Er kritisiert auch die Aussage der Osnabrücker CDU-Oberbürgermeisterin Katharina Pötter, dass Kunst zwar zur Diskussion anregen dürfe, alles aber seine Grenzen habe und es darum richtig wäre, „wenn man auch die Gefühle, den Respekt und die Toleranz gegenüber den gläubigen Menschen auch in der katholischen Kirche weiterhin gelten lässt.“ Haucke setzt dem entgegen, dass die sexuelle Gewalt im Bereich der Kirche, die er selbst erfahren musste, keine Grenzen hätte. „Das Bagatellisieren, das Verdecken, das Verschweigen muss endlich begrenzt werden. Das bedeutet: Die Taten, die Täter, die ermöglichenden Strukturen müssen benannt werden. Dies ist auch einer Oberbürgermeisterin im Publikum zumutbar.“, so Haucke. Er äußert sich optimistisch über die Wahrscheinlichkeit von Anfragen anderer deutscher Theater in der nächsten Saison.

Intendant Ulrich Mokrusch weist die Anschuldigung, sich bei der Absage mit dem Bistum Osnabrück abgesprochen haben, zurück. Der tatsächliche Grund sei lediglich der Unwillen der Regie gewesen, gemeinsam am Stück zu arbeiten. Die Schauspieler des Theaters Osnabrück widersprechen Mokruschs Aussagen, kritisieren mangelnden Raum für Diskurs sowie das Machtmonopol des Intendanten und bezeichnen die Absage als eine „autoritäre Entscheidung“. Laut dem hpd schreibt das Schauspielteam: „Wir möchten an dieser Stelle den Betroffenen Karl Haucke zitieren: ‚Warum sollte die Aufarbeitung des Missbrauchs weniger wehtun als der Missbrauch selbst?‘ Wir, die Sparte Schauspiel, hätten uns und Ihnen diesen Abend gerne zugemutet.“

Der hpd berichtet auch von einem kürzlich verfassten offenen Brief an die Politiker*innen des Stadtrats Osnabrück. Darin wird gefordert, die Diskussion um Machtstrukturen im Theater auf politischer Ebene weiterzuführen, die Perspektive Betroffener miteinzubeziehen, das Theater Osnabrück zu demokratisieren und sich klar zur Kunstfreiheit zu bekennen. Der Brief wurde bereits von 578 Personen unterzeichnet.

Der komplette Artikel des Humanistischen Pressedienst ist frei zugänglich auf dessen Website: „Warum sollte die Aufarbeitung des Missbrauchs weniger wehtun als der Missbrauch selbst?“ | hpd