raueNach langem Schweigen meldete die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordnes sich dieser Tage bei den Menschen, die ihr in den vergangenen Monaten ihre Geschichte anvertraut hatten, mit der Bitte, ihre Wün- sche und Anliegen in einem Fragebogen darzulegen. Nebenbei verteidigt sie sich in dem Anschreiben unter anderem gegen Vor- würfe, nicht genug Zeit auf die Kommunika- tion mit den Betroffenen verwandt zu haben.

Bei mir haben sich in den vergangenen 11 Wochen nicht nur 180 Männer und Frauen gemeldet, die von Mitgliedern des Jesuitenordens missbraucht wurden, sondern darüber hinaus weitere 60 Personen, denen Unrecht in anderen kirchlichen Einrichtungen widerfahren ist. Jeder Einzelne, der mich telefonisch erreicht hat, benötigt seine Zeit, über Verletzungen, die ihm angetan wurden, zu berichten. Das war niemals unter einer halben Stunde möglich und so mussten Briefe und E-Mails teilweise auf Antwort warten.

Das haben Betroffene anders erlebt. Hier die Erinnerung eines Opfers aus St. Blasien, die leider keine Satire ist:

„N.N.: (Begruessung), bin von Pater Siebner an Sie verwiesen worden, da ich 1987 am Kolleg St. Blasien leider auch unter Pater Statt gelitten habe, weiss nicht inwiefern Sie wussten, dass Pater Statt auch Heimaturlaub…(werde unterbrochen)

Raue: Ja, habe schon von den Vorfaellen Ende der 80er gehoert, Sie sind nicht der einizige. Auch geschlagen worden?

N.N.: Ja..(werde unterbrochen)

Raue: Mmhh, ist mir bekannt..Werde es zu den Akten nehmen, aber muss Sie daraufhinweisen, dass alles verjährt ist.

N.N.: …. (verdattertes schweigen)

Raue: Kann ich Ihnen sonst noch weiterhelfen? Habe ja Ihre Email und werde Sie auf dem Laufenden halten.“

raueAm Samstag, 17. April 2010 folgten 21 Missbrauchsopfer von Statt und Riedel einer Einladung von Frau Raue, der „Missbrauchs- beauftragten“ des Jesuitenordens, nach Berlin.

Hier ein Erlebnisbericht:

Nach einer Eingangskontrolle vor dem Gebäude durch zwei junge Damen (Raue: „Das sind Freundinnen meiner Tochter„), die die Namen der ehemaligen Missbrauchsopfer kontrollierten („Bitte bringen Sie Ihren Personalausweis mit“), konnte es auch schon losgehen.

Auf dem „Podium“ präsentierte Frau Raue ihr neues Kompetenzteam: Drei bisher völlig unbekannte Personen, die Frau Raue aber beruhigenderweise schon lange kennt, nämlich Herr Dr. Nevermann („Meine Tochter ist auf dem Canisius-Kolleg„) sowie eine junge Frau mit unbekanntem Namen („Meine beiden Geschwister waren auf dem AKO„) und einen älteren Herrn (Aldo Graziani? – „Ich war neun Jahre lang in einem Landschulheim„). Es blieb jedoch auch nach einer von den überraschten Teilnehmern gewünschten Vorstellung der drei Personen völlig unklar, warum Frau Raues Freunde („Ich kenne Frau Raue schon seit den 60er Jahren„) jetzt auch mitmachen.

Frau Raue kam nicht mit leeren Händen, sondern hatte Infomaterial vorbereitet: Jeder Betroffene bekam ein fotokopiertes Blatt mit der Tagesordnung.

(wird fortgesetzt)