Stellungnahme zu den vorab veröffentlichten Zahlen zum Ausmaß von sexuellem Missbrauch durch Priester in Deutschland

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Es ist gut, dass wir nun endlich Zahlen vorliegen haben, die belegen, was wir schon ahnten: Die Kirche in Deutschland ist genauso wie ihre Schwesterkirchen in den USA, Australien, Irland und vielen anderen Ländern der Erde, in denen die katholische Kirche vertreten ist, in ein System aus Missbrauch und Vertuschung verstrickt, und hat es über Jahrzehnte verstanden, die Öffentlichkeit darüber zu täuschen.

Die Studie zeigt uns dabei nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit. Akten wurden vernichtet, viele Fälle sind nicht richtig dokumentiert worden, die Aktenführung ist konfus.

Vor allem, es fehlen die Aussagen der Opfer, es gab keine Zeugenvernehmungen, keine Möglichkeit, direkt in den Archiven nach Querverbindungen, Tatmustern, Mitwissern zu suchen.

Dennoch ist das, was sich hier in nüchternen Zahlen zeigt, erschütternd, wenn man sich das Leid vorzustellen vermag, dass über so viele Kinder und Jugendliche, ihre Familien und Angehörigen gebracht wurde.

Das erschreckende Ausmaß sexueller Gewalt von Priestern gegenüber Kindern und Jugendlichen macht deutlich was wir dringend brauchen: eine umfassende, unabhängige Untersuchung. Dafür muss die Kirche den direkten Zugang zu Ihren Akten und Archiven bereitstellen. Als Vorbilder können dabei die Untersuchungen durch Kommissionen in Pennsylvania und Australien dienen, die mit staatsanwaltlichen und kriminalistischen Mitteln diese Verbrechen aufklären muss.

Wir erfahren keine Namen von Tätern, es werden keine Verantwortliche Bischöfe identifiziert, die das System aus sexuellen Übergriffen und Vertuschung über Jahrzehnte gedeckt und perfektioniert haben.

Seit acht Jahren verspricht die Kirche sich um die Aufarbeitung zu kümmern. Weitgehend teilnahmlos schauen Politik und Gesellschaft diesen Bemühungen zu. Jetzt ist klar: eine Organisation von Tätern und Vertuschern kann sich nicht selbst aufarbeiten.

Ich appelliere an Politik und Gesellschaft, sich für die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine unabhängige, professionell ausgestattet Untersuchungskommission einzusetzen.

Und schließlich: Es wird Zeit, dass die Politik die Kirche an die Empfehlung des Runden Tisches erinnert, mit ihren Opfern eine Einigung über eine angemessende Entschädigung für dieses System aus Missbrauch und Vertuschung zu suchen. Die von den Bischöfen einseitig implementierte Anerkennungszahlung ist kein Ersatz dafür. Sie ist willkürlich und intransparent im Verfahren und lächerlich in den zuerkannten Summen, die im Mittel nicht einmal 3000 Euro betragen. Viele Betroffene wurden mit 1.000 oder 2.000 Euro abgewimmelt.

Angesichts der betroffenen Entschuldigungserklärungen, die wir schon bald wieder hören werden: Diese sind solange unglaubwürdig, wie die Bischöfe sich nicht zu einer umfassenden Aufarbeitung und damit verbunden der Zahlung von angemessenen Entschädigungen für das Versagen ihrer Institution bereiterklären.

Matthias Katsch, 12. September 2018

 

Einen Überblick über die aktuelle Medienberichterstattung zum Thema finden Sie HIER

 

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