ECKIGER TISCH fordert Unabhängige Aufarbeitung und angemessene Entschädigung

Die Studie wirft ein Schlaglicht auf das Ausmaß der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der katholischen Kirche in Deutschland. Ein großer Teil der Verbrechen bleibt jedoch weiterhin im Dunkeln.

Kritik am Studiendesign

Die jetzt vorgelegte sozialwissenschaftliche Studie darf nicht mit Aufarbeitung verwechselt werden. Wir erfahren keine Namen von Tätern. Es werden auch keine verantwortlichen Bischöfe genannt, die das System aus sexuellen Übergriffen über Jahrzehnte gedeckt und perfektioniert haben.

Stattdessen wurden Zahlen erhoben, die nur einen sehr unvollständigen Eindruck vom tatsächlichen Ausmaß des Missbrauchs durch Priester vermitteln. Zum einen ist die Studie vom Umfang her unvollständig, weil die Ordensgemeinschaften (beispielsweise Jesuiten, Benediktiner etc.) nicht untersucht wurden. Ordensgemeinschaften von Frauen wurden ebenfalls nicht einbezogen.

Zum anderen bleibt die Studie nur an der Oberfläche dessen, was in den erhalten gebliebenen Personalakten der Institution zu finden ist. Das System aus Missbrauch, Versetzung und Vertuschung konnte aufgrund des Settings der Studie nicht abgebildet werden. Die tatsächliche Zahl der betroffenen Menschen, die sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche erleben mussten, bewegt sich in völlig anderen Dimensionen, als es die vorgelegten Zahlen suggerieren.

Forderung nach unabhängiger Aufarbeitung

Es ist jetzt auch endgültig deutlich geworden, dass sich eine Organisation, in der so viele Täter und Vertuscher aktiv waren, nicht selbst aufarbeiten kann. Betroffene haben ein Recht auf die Wahrheit und die Fakten ihres konkreten Falls. Abstrakte wissenschaftliche Studien können das naturgemäß nicht leisten. Eine unabhängige Aufarbeitung muss Namen, Fakten, Orte etc. konkret benennen, um Täterstrategien, Netzwerke, Muster aufzeigen zu können und Täter zu stoppen.

Daher fordern wir eine unabhängige, staatliche Untersuchungs- und Aufarbeitungskommission. Diese muss professionell ausgestattet sein und Zugang zu allen Akten bekommen. Sie muss Betroffene anhören und Zeugen vernehmen. Dazu muss die Kirche ihre Bereitschaft zur Öffnung ihrer Archive erklären. Gute Vorbilder hierfür sind beispielsweise die australische „Royal Commission“ oder die staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen in Pennsylvania. Auch der Vatikan muss Zugang zu den dort befindlichen Missbrauchsakten gewähren. Dort lagern Tausende von Akten, die sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch Priester in aller Welt dokumentieren.

Forderung nach angemessener Entschädigung

Die Studie zeigt, dass wir es nicht mit einer Anzahl von Einzelfällen zu tun haben, sondern dass die Kirche als Institution versagt hat. Dafür muss sie die Verantwortung gegenüber den Betroffenen übernehmen. Bisher gewährt die Kirche auf Antrag lediglich eine so genannte „Materielle Leistung in Anerkennung des Leids“ von durchschnittlich 3.000 Euro, weil sie sich nicht für die Taten selbst verantwortlich fühlt, sondern lediglich anerkennt, dass dem Opfer durch den Täter Unrecht widerfahren ist. Spätestens durch die jetzt vorliegende Studie ist deutlich geworden, dass in der Katholischen Kirche Täter systematisch geschützt und dadurch Kinder fortgesetzt sexuellen Übergriffen ausgesetzt wurden, beispielsweise durch die beschriebene Praxis der wiederholten Versetzungen von Tätern. Daher fordern wir endlich eine angemessene Entschädigung für die Opfer.

 

Matthias Katsch / Sprecher ECKIGER TISCH

 

 

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ECKIGER TISCH in den Medien

 

Die Präsentation der MHG-Studie im Rahmen einer Pressekonferenz der Deutschen Bischofskonferenz (25. September 2018) kann mir HIER sehen.