Eine Geste – mehr nicht

Ein Kommentar von Matthias Katsch

Endlich haben die Bischöfe ihr Konzept vorgelegt. Im letzten Satz der langen Presseerklärung, heißt es, es solle eine Geste sein. Mehr nicht also. Was soll man dazu sagen? Schäbig? Arrogant? Auf jeden Fall von oben herab. Eine Geste – ja, warum denn keine echte Hilfe?

Und das Vorgehen zeigt wieder einmal wie sehr die reichste Kirche der Welt – und das ist die katholische Kirche in Deutschland – von der Sorge um das Geld korrumpiert ist. Es wurde nicht gefragt: „Was wäre angemessen? Was würde den Opfern eine Kompensation bieten? Was würde als Zeichen verstanden und angenommen?“  Stattdessen wird nach Gutsherren-Art verkündet, was man sich zu leisten bereit ist.

Das einzige Positive: Endlich gibt es ein Konzept der katholischen Kirche in Deutschland, wie sie sich die Entschädigung und den Umgang mit ihren Opfern vorstellt. Seit September 2010 war dies immer wieder angekündigt worden. Im benachbarten Österreich werden dagegen bereits seit Monaten Betroffene entschädigt, ebenfalls gestaffelt. Die Untergrenze liegt dort da, wo die deutschen Bischöfe aufhören wollen, die Obergrenze beträgt 25.000 Euro, mit der Möglichkeit in schweren Fällen darüber hinaus zu gehen. Grundsätzlich hat man jetzt also auch in Deutschland verstanden, dass eine Kompensation notwendig wäre. Nur die jetzt gehandelten Summen sind eine Unverschämtheit.

Ein weiteres Problem in dem heute vorgestellten Konzept: das Antragsverfahren. Die Betroffenen erwarten zurecht, dass die Abwicklung von Zahlungen ebenso wie die Beantragung von Hilfen für Therapien möglichst unabhängig von der Täter-Institution geleistet wird. Es braucht eine Clearingstelle, die das Vertrauen der Betroffenen gewinnen kann, keine Theologen-Kommission. Auch die sog. Missbrauchsbeauftragten der Institutionen können das nicht leisten, wie man gerade im Fall der Jesuiten sieht.

Das jetzt vorgestellt Konzept ist ein Vorschlag, den die Kirche dem Runden Tisch unterbreitet. Mit den Betroffenen selbst, hat noch niemand darüber gesprochen. Da gibt es noch viel zu klären. Für nicht verjährte Ansprüche wird ein Mediationsverfahren angestrebt, heißt es. Wir fordern eine Mediation für die Alt-Fälle! Jetzt liegen zwei Vorstellungen vor, also muss verhandelt und vermittelt werden.

Betroffene wie die am ECKIGEN TISCH haben eine angemessene Summe gefordert. Bei der Beurteilung der Frage, was angemessen ist, wird es Zeit, dass in Deutschland Opfer von sexuellem Missbrauch nach europäischen Standards behandelt werden. Ein fünfstelliger Betrag wie in Irland wäre angemessen. Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts durch Presseveröffentlichungen werden mit zehntausenden Euro vor Gericht geregelt, Missbrauchsopfer erhalten demgegenüber häufig nur einige tausend Euro. Hier müssen die Maßstäbe neu justiert werden.

Doch die Bischöfe haben immer noch nicht verstanden, warum sie gefordert sind: sie sollen nicht ersatzweise für die Täter leisten, wie sie das jetzt wiederum in ihrer Pressemitteilung erklären. Sie sollen für das komplizenhafte Schweigen, das jahrzehntelange Verheimlichen und Vertuschen bezahlen, mit dem die Kirche an den Opfern des sexuellen Missbrauchs in ihren Einrichtungen ein zweites Verbrechen begangen hat.

Wir werden versuchen, es ihnen zu erklären. Dazu fordern wir weiterhin, das direkte Gespräch mit den Bischöfen und werden dazu ab dem 14. März bei der Frühjahrestagung der Bischofskonferenz in Paderborn vor Ort sein. Vielleicht kommt er ja noch, der Aufstand der anständigen Katholiken, die sich schämen, für den Umgang der Kirche mit ihren Opfern, und dann stehen wir dort nicht allein.