Am 1. Dezember 2015 nahm das Bistum Hildesheim Stellung zu der ARD/WDR-Reportage „Richter Gottes“ vom Vortag. Der Beitrag machte deutlich, dass die Verantwortlichen des Bistums durch ihr Verhalten 2010, nicht nur einem 14jährigen Mädchen geschadet hat, das Opfer von Übergriffen durch den Ex-Pfarrer Peter RIedel geworden war, sondern darüber hinaus durch Unterlassen die Strafverfolgung des Serien-Missbrauchstäters behindert hatte. ECKIGER TISCH hatte darauf hin, den Rücktritt des Bischofs gefordert.
In einer Pressekonferenz versuchten Weihbischof Bongartz und Bischof Trelle, diese Vorwürfe zu entkräften.
Es ist ein bemerkenswertes Dokument der Zeitgeschichte.
Die komplette Pressekonferenz wird auf der Webseite des NDR dokumentiert: Link zu Pressekonferenz Bischof Trelle 1.12.2015

Unsere Reaktion auf die Pressemitteilung des Bistums und den darin enthaltenen Aussagen der Bischöfe, hier in einer Erklärung.

 

 

Die Gehörlosen-Sendung des Bayerischen Fernsehens sendete am 28. November 2015 ab 10 Uhr einen Beitrag über strukturelle Gewalt gegen gehörlose Heimkinder.

In der Ankündigung heißt es: „Von struktureller Gewalt sind benachteiligte Gruppen und Minderheiten besonders betroffen. In den letzten Jahren kommen immer mehr Details über sexuellen Missbrauch und körperliche Gewalt ans Tageslicht. Die Kirchen stehen genauso im Fokus wie staatliche oder private Einrichtungen.“

Der beeindruckende und berührende Beitrag ist auch weiterhin abrufbar: Sehen statt Hören 28.11.15

Dr. Cäcilia Giebermann ist Richterin am größten deutschen Kirchengericht, dem Offizialat des Erzbistums Köln. Dort führen sie und ihre Kollegen Zeugenbefragungen und Verhöre durch. Es gibt Ermittler, Gutachter, Kirchenanwälte, Vernehmungsrichter. Die Gerichte befassen sich mit den Missbrauchstätern, sie führen aber auch „Ehenichtigkeitsverfahren“ – die einzige Möglichkeit, eine katholische Ehe aufzuheben. Der Film „Richter Gottes“ zeigt zum ersten Mal, wie Prozesse am Kirchengericht geführt werden. Wer die Angeklagten, wer die Opfer sind. Wer dort richtet. Und zum ersten Mal sprechen Prozessbeteiligte ausführlich über ihre Arbeit.

Ohne Gegenstimmen, bei Enthaltung der Linken, stimmte der Bundestag heute für die Einrichtung einer unabhängigen Aufarbeitungskommission Kindesmissbrauch (UAK).
Diese soll noch in diesem Jahr berufen und etabliert werden, um ab Januar 2016 ihre Arbeit aufzunehmen. Die Opposition hatte insbesondere die fehlende gesetzliche Grundlage für die Kommission kritisiert, die somit auf die Rechte zur Zeugenvernehmung und Akteneinsicht, wie sie z. B. ein Untersuchungsausschuss des Parlaments hat, verzichten muss. Stattdessen sind Anhörungen von Betroffenen, Zeitzeugengespräche und Aktenauswertung auf wissenschaftlicher Basis vorgesehen. Die Kommission soll 2019 ihren Abschlussbericht vorlegen.

Als ECKIGER TISCH haben wir seit März 2010 die Aufklärung nicht nur von Taten gefordert, sondern auch von Strukturen, Verantwortlichkeiten und Ursachen des Missbrauchs insbesondere in katholischen Einrichtungen in Deutschland. 2012 haben wir dazu ein Konzept vorgelegt, das in die Konzeption der jetzt beschlossenen Kommission eingeflossen ist. Diese wird alle Institution und auch die Familie in den Blick nehmen, womit Deutschland weltweit Maßstäbe für das Thema setzen wird.
Der lange Weg bis zur Aufarbeitungskommission sowie die Kernelemente des Konzepts für ihre Arbeit erklärt dieses Fact sheet des Unabhängigen Beauftragten.

Fact Sheet_Aufarbeitungskommission.

Es war ein langer und manchmal gewundener Weg durch viele Gremien bis hierhin. Aber heute können wir stolz sein, dass wir als Betroffene gemeinsam diese Entwicklung herbeigeführt haben.

Das Schweigen der Männer

Vorschau

„Wir wollen Klarheit und Transparenz über diese dunkle Seite in unserer Kirche“, sagte Bischof Ackermann im Namen der katholischen Bischöfe, als er im März 2014 ein interdisziplinäres Forschungsprojekt vorstellte. Die Wissenschaftler erhielten den Auftrag, die zahlreichen Kindesmissbrauchsfälle in der katholischen Kirche aufzuarbeiten. Ein Jahr danach ist es Zeit für eine Zwischenbilanz: Wie ehrlich meint es die katholische Kirche wirklich mit der Aufarbeitung? Wie groß ist das Ausmaß des Skandals? Die Autoren Birgit Wärnke und Sebastian Bellwinkel haben hinter die Mauern der katholischen Kirche geschaut.

 

Um es klar zu sagen: Diese Zahlen sind obszön! Jahr für Jahr erwirtschaftet laut einer allein das Erzbistum Köln einen steuerfreien Gewinn von fast 100 Millionen Euro, der gleich wieder in die Rücklagen wandert. Auf „konservativ geschätzt“ 3,5 Milliarden beläuft sich das Vermögen dieses einen Bistums.

Köln - KopieSelbst wenn es unter den 27 deutschen Bistümern auch kleinere und weniger wohlhabende gibt, zusammen genommen sitzt die Katholische Kirche in Deutschland sicher auf einem dreistelligen Milliarden Vermögen, zusammengerafft über die Jahrhunderte von einer Institution, deren Stifter einst verkündete: Seelig sind die Armen!

Diese gleiche Kirche weigert sich seit fünf Jahren, über eine Entschädigung von Missbrauchsopfern ihrer Institution überhaupt auch nur zu reden! Gerade mal eine Anerkennungszahlung von bis zu 5000 Euro war sie 2011 bereit ihren Opfern anzubieten. 1500 Menschen haben sich darauf eingelassen und eine solche Zahlung beantragt, trotz eines wenig durchsichtigen, willkürlichen Verfahrens.

Allenfalls 5 Millionen Euro, haben die 27 Bistümer und 400 Ordensgemeinschaften dafür bislang aufbringen müssen. Würde die reichste Kirche der Welt eine wirkliche Entschädigung wie etwa in Irland anbieten, wo im Schnitt rund 65.000 Euro an die Opfer gingen, sie könnte das ohne Schwierigkeiten aus den Erträgen nur eines einzigen Wirtschaftsjahres und nur eines einzigen Bistums bezahlen.

Selbst wenn sich wie zu erwarten bei einer wirklichen Entschädigung mehr Menschen bereitfinden würden, sich auf das Antragsverfahren einzulassen als jetzt bei der lächerlichen Anerkennungszahlung:
Bankrott erklären, wie reihenweise in den USA, müssten Ordensgemeinschaften und Bistümer hierzulande nicht. Dafür hat diese Kirche einfach zu viel auf der Bank.

Am 30. Januar 2015 debattierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über die Einrichtung einer Unabhängigen Kommission zur systematischen und umfassenden Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in Deutschland:

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Johannes-Wilhelm Rörig verfolgte die bewegende Debatte von der Besuchertribüne des Bundestages.

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Zusammen mit rund 20 Betroffenen hörte er engagierte und eindrückliche Reden von Vertretern aller Parteien, die sich parteiübergreifend für die Einrichtung einer Unabhängigen Kommission zur systematischen und umfassenden Aufarbeitung aussprachen und die Bundesregierung aufforderten, diese Kommission entsprechend auszustatten.

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Alle Redner würdigten das Engagement von Betroffenen und die Arbeit von Herrn Rörig. Der Antrag der Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD wurde zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen.

Hier die Pressemitteilung des Missbrauchsbeauftragten mit dem Titel: „Grünes Licht des Bundestages ist wegweisend für die Aufarbeitung von Missbrauch!“

Weitere Informationen auf der Internetseite des UBSKM

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Statement von Matthias Katsch in der Presse-Konferenz zum Stand der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in Deutschland, im Jahre 5 nach „Canisius“:

Hier die schriftliche Erklärung für die Journalisten in der Bundespressekonferenz anlässlich des 5. Jahrestages der Veröffentlichung der Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg: 2015-01-26_Matthias Katsch_ECKIGER TISCH

Eine gute zusammenfassende Darstellung findet sich in der Süddeutschen Zeitung: „5000 Euro für die Seele eines Kindes“.

Weitere Bilder von der PK sowie die Texte der anderen Statements und weiterführende Informationen finden sich auf der Webseite des Unabhängigen Beauftragten.

 

Pressekonferenz zum aktuellen Stand
„Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in Deutschland“.

 

Montag, 26.01.2015, 10 Uhr, Bundespressekonferenz

 mit:

 

Fünf Jahre nach Ausbruch des Skandals. Erstmals treten der AKO-Rektor und der Betroffenensprecher gemeinsam öffentlich auf.

unheiliger bergDer Mann ist über 60. Gutsituiert. Mit Familie. Und doch kann er nicht anders, als sich endlich seinen Gespenstern zu stellen. „Immer wieder will mich der große schwarze Pater in seinem Zimmer haben. Es liegt irgendwo am Ende eines Flures im Aloisiuskolleg (AKO)“, schreibt der Mann im 2014 erschienenen Sammelband „Unheiliger Berg“. Wenn der Mann daraus liest, bricht ihm die Stimme. Jetzt also, Jahrzehnte später, legt er den Missbrauch endlich offen. „Und jetzt hat meine Frau erkennen müssen, warum die ganze Familie so unter mir hat leiden müssen.“

Der Mann ist einer der 13 Betroffenen, die sich im Buch erstmals an die Öffentlichkeit wenden. Der bundesweite Missbrauchsskandal hat auch das AKO Anfang 2010 in eine tiefe Krise gerissen. Es wurde für sechs Jahrzehnte strafrechtlich relevanter Machtmissbrauch nachgewiesen. Das Buch spiegelt erstmals, wo genau die Aufklärung steht. Und das vor dem Hintergrund der Debatte um pornographische Kinderfotos im Fall Sebastian Edathy. Denn auch am AKO wurden von einem Ex-Schulleiter kistenweise Posing-Fotos von kleinen Schülern geschossen.
Wir wollen fragen:

Gibt es endlich einen Dialog zwischen Kolleg und Betroffenen, genau fünf Jahre danach?
Woran leiden die Betroffenen noch immer?
Welche Konsequenzen wurden am AKO gezogen?
Mit der Herausgeberin Ebba Hagenberg-Miliu und dem Publikum diskutieren als Mitautoren:
Heiko Schnitzler, Sprecher Betroffenengruppe Eckiger Tisch Bonn
Pater Johannes Siebner, Rektor des Aloisiuskollegs seit 2011

Auch weitere Mitautoren bzw. Betroffene stellen sich den Fragen.

Mehr Infos auch auf der Webseite zum Buch: http://unheiliger-berg.jimdo.com/
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Ort: Parkbuchhandlung Bonn-Bad Godesberg, Koblenzer Straße 57
Termin: Freitag 23.01.2015, 19.30
Unkostenbeitrag: 5€

Reservierung: 0228 352191
Ebba Hagenberg-Miliu (Hrsg.), Unheiliger Berg. Das Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten und die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Kohlhammer Verlag 2014.

Die Forschungskooperation zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und Prof. Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) ist im Januar 2013unter großer medialen Aufmerksamkeit gescheitert. Die KFN-Mitarbeiterinnen Sandra Fernau und Deborah Hellmann haben die Chance genutzt,  eigenständige und unabhängige Forschung zum sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche aus der Perspektive der Betroffenen durchzuführen. Dabei haben zahlreiche Betroffene mitgewirkt, die sich beim KFN gemeldet und an der Fragebogenstudie teilgenommen bzw. sich zu einem persönlichen Gespräch bereiterklärt haben. Als Endergebnis dieser Forschung ist ein Buch entstanden, das kürzlich beim Nomos-Verlag erschienen ist (Sandra Fernau & Deborah F. Hellmann, Hrsg.: „Sexueller Missbrauch Minderjähriger durch katholische Geistliche in Deutschland“).

Hier die Presseerklärung zur Veröffentlichung des Forschungsberichts:  Presseerklärung

Im letzten Kapitel ziehen die Autorinnen ein Fazit. Kernaussagen sind:

1. Der sexuelle Missbrauch durch Priester fand oft in Heimen oder Internaten statt. Dort hat-
ten die Betroffenen besonders wenige Möglichkeiten, sich dem Zugriff der Täter zu entzie-
hen und waren den Missbrauchshandlungen besonders häufig ausgesetzt.
2. Vielfach haben die geistlichen Täter bei der Annäherung an die Betroffenen und bei der Tat-
begehung ihre religiöse Machtposition ausgenutzt.
3. Viele Personen im direkten Umfeld der Betroffenen haben von dem Missbrauch gewusst
oder ihn zumindest erahnt. Die besondere soziale Stellung der geistlichen Täter hat mit dazu
beigetragen, dass viele Betroffene sich nie oder erst sehr spät offenbart haben.
4. Die im kirchlichen Rahmen erlittenen Missbrauchserfahrungen sind für einen Großteil der
Betroffenen auch noch nach Jahrzehnten mit starken psychischen Beeinträchtigungen ver-
bunden.

Das ganze Schlusskapitel findet sich hier: Buchkapitel_Fazit