Aufruf zum Fallkomplex “Maristenkolleg Mindelheim”

Mindestens zwischen 1987 und 2007 fanden am Maristenkolleg Mindelheim sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche statt. Der Erzieher und spätere Internatsleiter Frater G. wurde erstmals 2008 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, und dann nochmals 2011

Derzeit läuft am Amtsgericht Memmingen der dritte Prozess gegen Frater G., in dem drei weitere Fälle verhandelt werden. Bei dem schwersten der drei Fälle zieht die Verteidigung die Glaubwürdigkeit in Zweifel. Bisher wurden nur Taten zugegeben, die lediglich zu Bewährungsstrafen führten. 

In dem Prozess haben auch weitere Betroffene bereits über sexuelle Übergriffe durch Frater G. in den 1980er Jahren als Zeuge ausgesagt. Indem die Skrupellosigkeit und der kaltherzige Auswahlprozess des Täters dargelegt wurden, sollte auch die Glaubwürdigkeit des dritten Nebenklägers gestärkt werden.

Der Prozess richtet sich in erster Linie gegen die Person Frater G. – die offene Frage ist: Welche Verantwortung haben Kollegen und Vorgesetzte, was wusste der Maristen-Orden über das offensichtlich übergriffige Verhalten?

Durch den Prozess haben einige ehemalige Internatsschüler aus den 1980er Jahren wieder zusammengefunden, die teilweise selbst durch die Taten von Frater G. betroffen sind. Sie sagen: 

“Es ist unmöglich, dass Vorgesetzte und Kollegen von den Taten des Frater G. nichts mitbekommen haben. Es waren so viele ausgebildete Pädagogen dort tätig. Es kann nicht sein, dass ein Sexualstraftäter zwei Jahrzehnte lang sein Unwesen getrieben hat, ohne dass sie es gemerkt haben. Sei es durch direkte Beobachtungen, durch plötzliche Verhaltensänderungen bei Kindern, oder indem ein Jugendlicher sich anvertraut hat. Der Schluss kann nur sein, dass das Verhalten des Frater G. zumindest geduldet wurde, und eventuelle Hinweise verwischt wurden.”

Es gab in den 1980er Jahren mindestens einen weiteren Täter am Maristenkolleg. Der Priester der Diözese Augsburg hatte seine Wohnung im Internat des Maristenkollegs. Er wurde später Stadtpfarrer in Nördlingen und wurde wegen sexueller Übergriffe in seiner Mindelheimer Zeit in den Ruhestand versetzt.

Der Prozess bietet jetzt die einmalige Chance, die Verantwortung des Maristenordens für die andauernden sexuellen Übergriffe aufzuzeigen und zu belegen. Der Maristenorden windet sich gegen die Zahlung von Entschädigungen. Das muss ein Ende haben. 

ECKIGER TISCH unterstützt die Initiative der ehemaligen Schüler des Maristenkollegs. Wenn Sie Beobachtungen oder Erlebnisse zu sexuellen Übergriffen im Umfeld des Maristenkollegs teilen möchten, schreiben Sie bitte eine Mail an wirsindviele@gmx.net.

Weitere aktuelle Informationen findet man in unserer Presseschau, beispielsweise dieses Interview.

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